Samstag, 15. Mai 2010

Vorgeschichte Teil 3: Heimaturlaub mit Liebesromanze und Beginn unserer Suche

Den Rückweg nach Deutschland trat ich in meinem ersten eigenen Auto - einem gebrauchten Fiesta - an. Dies war zudem überhaupt meine erste längere Autofahrt am Steuer und sie hat sowohl meine Fahrkünste als auch das Durchhaltevermögen des alten Autos etwas überfordert. Ich fuhr mittags in strömendem Regen los und landete in der früh einsetzenden Dunkelheit auf einer immer schmaler werdenden Strasse in immer höher liegendem Schnee irgendwo in den Bergen. Bis ich den richtigen Weg wiedergefunden hatte, war der alte Motor so überanstrengt, dass er qualmte; zum Glück gab es auf dem Autobahnparkplatz hilfsbereite Lastwagenfahrer. Die eisige Kälte in Deutschland gab ihm dann - zumindest vorerst - den Rest und er weigerte sich standhaft (im wahrsten Sinn des Wortes), anzuspringen. So liess ich den Wagen notgedrungen in Leonberg, dem Wohnort meiner Eltern, stehen und nahm wie früher den Zug nach Tübingen. Dort quartierte ich mich in meinem ehemaligen Wohnheim, dem Annette-Kade-Heim, ein. Da gerade kein Gästezimmer frei war, bot man mir als Zwischenlösung für einige Tage ein Zimmer an, das aufgrund eines Mieterwechsels momentan leer stand. Bei meinem Umzug ins Gästezimmer fragte niemand nach dem anderen Zimmerschlüssel und so behielt ich ihn kurzerhand, denn mit dem Gästezimmerschlüssel konnte man die Haustür nicht öffnen und ich hätte immer jemanden stören müssen, um ins Haus zu gelangen.
Ich tauchte wieder ins lang vermisste Studentenleben ein, und das heisst anfang Februar Faschingsfeten. Bei einer der grössten Parties in der Hauptmensa stiess ich mein Glas um, als ich auf einem der um die Tanzfläche herum aufgestellten Tische sass und mich - wegen der lauten Musik - gestikulierend mit meinem Nachbarn unterhielt. Da ich keinen Lappen zum Aufwischen auftreiben konnte, versuchte ich, andere davon abzuhalten, sich in die Pfütze zu setzen - einer davon war Norbert. 'Nein, er wolle sich nicht setzen, nur sein Glas abstellen, aber magst Du nicht tanzen?'... Als der Abend bzw. die Nacht langsam zu Ende ging, stellten wir fest, das wir denselben Heimweg hatten und nicht nur das; ich hatte auch noch seinen Zimmerschlüssel.
In der Folgezeit verliebten wir uns heftig ineinander und Norbert bot an, mich nach Fankreich zu begleiten. Ich war sehr erleichtert, dass er es übernahm, den bei den milderen Temperaturen inzwischen wieder startbereiten Wagen zu fahren. Die Sehnsucht in der darauffolgenden Trennungszeit vertiefte die Liebe noch. Als Norbert dann ende Mai (endlich) für ein paar Tage nach Frankreich kam, fuhren wir ans Meer - herrliche Tage der 'Auszeit', wir waren wie losgelöst von allem und schwebten im siebten Himmel - und kamen als Verlobte zurück. Bis zu unserer Hochzeit und meiner Rückkehr nach Deutschland dauerte es aber noch eine Weile, denn ich wollte meinen Bruder Rüdiger nicht mitten in der Saison allein lassen. Ausserdem hatte ich den Fiesta zu Schrott gefahren und Norbert suchte nach einem neuen (gebrauchten) fahrbaren Untersatz, der stark genug war, meinen inzwischen angesammelten Haus(bzw. Wohnwagen)stand nach Deutschland zu ziehen.
Die Katze Emma hat uns übrigens begleitet, sie sass während der Fahrt im Wohnwagen am grossen Bugfenster, ihr auf- und abwippendes Köpfchen war vom Auto aus zu sehen. Nachdem sie einige Zeit in einem Bretterverschlag unter der Treppe der Tiefgarage im Studentendorf gehaust hatte - in den Zimmern waren Haustiere verboten - wurde sie von der Mutter einer Kommilitonin adoptiert und fand ein richtiges Zuhause.
Das Leben auf dem Campingplatz hat Norbert gut gefallen; er hätte sich eine solche Zukunft auch vorstellen können. Ich dagegen war eher skeptisch, was die Vereinbarkeit von Arbeit auf dem Campingplatz und Familienleben angeht - wenn die Kinder schulfrei haben fällt bei den Eltern die meiste Arbeit an. Jedenfalls setzte Norbert nun erst einmal sein Studium der evangelischen Theologie fort und die 'Camping-Idee' wurde vorläufig unter der Kategorie: 'vielleicht machen wir das ja später doch mal' abgelegt. Im Laufe der Zeit stellte sich dann heraus, dass die Kirche - ausgehend von einem Pfarrermangel - nun weit über den Bedarf bzw. den finanziellen Spielraum hinaus Pfarramtsbewerber ausgebildet hatte. Insbesondere für ältere Studenten wie Norbert, der als 'Spätberufener' das Studium erst nach einem Abitur über den zweiten Bildungsweg begonnen hatte, wurden statt einer Festanstellung nur noch kurzfristige Zeitverträge in Aussicht gestellt. Die Kirche sei schliesslich ein Unternehmen und müsse wirtschaftlich denken; Lebenserfahrung sei zwar wünschenswert, ein jüngerer Bewerber dagegen, finanziell betrachtet, wesentlich vorteilhafter.
Da wir vorhatten, eine Familie zu gründen, konnten auch wir nicht ganz auf wirtschaftliche Überlegungen verzichten und so stellte sich für uns die Frage, ob der Schritt in die Selbständigkeit nicht vielleicht die weniger unsichere Alternative war. Wir begannen, nach einem geeigneten Objekt Ausschau zu halten.
Zunächst wandten wir uns an die Agentur, die meinem Bruder schon erfolgreich zu einen Platz verholfen hatte. Ihren Sitz hatte sie in Vias am Mittelmeer und der Chef erinnerte sich noch an meine Eltern. Er liess es sich nicht nehmen, uns selbst in seinem alten Mercedes die Gegend - und die von ihm verkauften Villen und Geschäfte - zu zeigen. Immer wenn er Bekannte sah, stellte er uns vor: 'Eine deutsche Familie, denen ich einen Campingplatz vermittelt habe, jetzt kaufen sie schon den nächsten'. Wir kamen uns vor wie Grossinvestoren für eine Campingkette; was für ein Aufstieg für arme Studenten mit unsicherer Zukunftsperspektive, die sich ihren Lebensunterhalt durch Ferien- und Aushilfsjobs finanzierten. Eine andere Agentur dagegen erklärte uns eher für grössenwahnsinnig, ein solches Projekt mit so wenig Eigenkapital in Angriff nehmen zu wollen...

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