Sonntag, 23. Mai 2010

Suche

Wer in Frankreich einen Campingplatz sucht, der zum Verkauf steht, hat heutzutage die Auswahl unter zahlreichen Immobolienagenturen, die sich ganz oder teilweise auf Camping spezialisiert haben. Deren Adressen findet man im Internet oder - wie wir damals - in Kleinanzeigen am Ende von Fachzeitschriften, wie z.B. L'OT (L'OFFICIEL DES TERRAINS DE CAMPING) oder Décisions. Da die meisten Campingplatzbesitzer diese abonnieren, kann man einfach mal im Urlaub danach fragen, um sich einen Eindruck vom Angebot und den Preisen zu verschaffen. In diesen Zeitschriften findet man auch sehr nützliche Informationen zum Campingwesen, gesetzliche Regelungen und Vorschriften, oder - gerade besonders aktuell - die Umgestaltung des derzeitigen Normensystems für die Sternevergabe. Wir hatten die L'OT nach Deutschland abonniert. Für die Suche selbst sollte man sich dann aber direkt von der Agentur eine Angebotsliste holen, denn bis die Anzeigen geschaltet werden, sind die 'Rosinen' meist schon vor Ort rausgepickt worden.
Wir haben uns für unsere Suche Zeit gelassen; immer, wenn wir uns für ein paar Tage freimachen konnten, ging es nach Frankreich. Monsieur B. aus Vias hatte leider nur 2 Angebote, die für uns finanziell in Betracht kamen. Das erste war ein kleiner Platz, direkt am Mittelmeer gelegen - vielleicht etwas zu direkt. Der Preis lag schon fast über unserer Schmerzgrenze und es mussten auch noch Schulden mit übernommen werden. Obwohl die Saison schon längst vorbei war, stieg uns von allen Büschen und Bäumen her ein unverkennbarer Uringeruch in die Nase; trotz der geringen Platzgrösse schien der Weg zum Sanitär wohl für einige Camper zu weit gewesen zu sein. Norbert fiel zudem auf, dass das Gelände direkt am Meer wie ganz neu angelegt aussah. Auf unsere Nachfrage erzählte uns der Pächter eines Strandrestaurants, dass die Flut im Winter regelmässig einen Teil des Platzes fortspülte, der dann wieder neu aufgeschüttet werden musste - ein erheblicher finanzieller Aufwand und darüber hinaus ein Sicherheitsrisiko. Auf älteren Fotos verfügte der Campingplatz noch über einen eigenen Strand; jetzt kam das Meer direkt bis an die Stellplätze, die durch grosse Felsbrocken und einen Zaun gesichert waren. Auf dieses Thema angesprochen, beruhigte man uns in der Immobilien-Agentur: das sei alles nicht so schlimm, ausserdem würden entlang der Küste jetzt überall Wellenbrecher errichtet, die einen solchen Schaden verhinderten. Ob dieser Massnahme angesichts der ständig steigenden Meerespegel ein dauerhafter Erfolg beschieden sein würde - das wollten wir dann doch lieber nicht austesten. Der (verhälnismässig) günstige Preis hätte uns gleich stutzig machen sollen; normalerweise wurden für Plätze in dieser Lage zweistellige Millionenbeträge (Francs, 1 € entspricht etwa 6,5 Fr) verlangt.
Besonders wenn man nur über ein sehr limitiertes Budget verfügt, muss man interessant klingende Angebote gründlich auf 'versteckte Mängel' abklopfen. Dazu empfiehlt sich auch immer ein Besuch bei den zuständigen Behörden, wie z.B. dem Bürgermeisteramt, der Präfektur und dem DDE, hier kann man beispielsweise die Akten der Campingplätze einsehen mit den Berichten über die regelmässigen behördlichen Kontrollbesuche. Ausserdem kann man sich über anstehende Bauvorhaben in der Gegend informieren. Vom Campingplatzbesitzer sollte man sich Kopien von Geschäftsberichten der letzten Jahre geben lassen, um die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben zu sehen. Diese 'offiziellen' Zahlen entsprechen nicht immer ganz der Realität; im Beherbergungs- und Gaststättenbereich deklarieren manche Betriebe bis zu einem Drittel der Einnahmen nicht. Dennoch ist bei allzu vollmundigen Beteuerungen, die wahren Umsätze seien viel höher, Skepsis angebracht. Gerade für einen kleinen Betrieb lohnen sich diese 'Schwarzeinnahmen' nur bedingt - daran sollte man als zukünftiger Platzbesitzer auch denken, wenn man versucht ist, später einmal diese Praktiken selbst zu übernehmen. Wenn man nicht alle Einnahmen deklariert, muss man auch einen Teil der Ausgaben 'schwarz' machen, da sie sonst nicht durch einen enstprechenden Gegenwert abgedeckt sind. Von diesen 'schwarzen' Ausgaben kann man natürlich auch keine Mehrwertsteuererstattung verlangen und sie ebensowenig als Geschäftsausgaben in der Bilanz einsetzen. Gemessen an dem Risiko, eine empfindliche, vielleicht sogar ruinöse Strafzahlung leisten zu müssen, falls man erwischt wird, ist der unterm Strich tatsächlich übrig bleibende Gewinn, meiner Ansicht nach, den Einsatz nicht wert. Man hat auch so schon genug zu überlegen und zu berücksichtigen, ohne sich noch mit dem Ausfeilen von geschönten Bilanzen zu belasten. Ausserdem werden die Methoden zum Aufspüren von Steuerbetrug immer mehr verfeinert. Ein Restaurantbesitzer erzählte mir, dass bei einer Kontrolle die angegebene Anzahl der von ihm servierten Gerichte mit der Anzahl der eingekauften Papierservietten abgeglichen wurde...
Von einer anderen Agentur hatten wir das Angebot für einen Platz nahe der Atlantikküste. Auch dieser Platz war relativ klein; eine langgestreckte Doppelreihe von Stellplätzen, durch einen Mittelweg getrennt, zog sich an der Strasse entlang, die weiter zum Meer führte. Einerseits verkehrsgünstig, andererseits natürlich auch laut. Der ganze Platz war mit Kastanien bepflanzt, sehr zur Begeisterung unserer Söhne Yannick und Heiko, die uns inzwischen begleiteten. Hier am Meer, wo nur während der Sommermonate Betrieb ist, ist gegen eine solche Bepflanzung nichts einzuwenden. Ansonsten trifft im Herbst das 'plopp', 'plopp'... auf dem Wohnwagen- bzw. Wohnmobildach (besonders in der Nacht) nicht jedermanns Geschmack. Dasselbe gilt übrigens auch für Nüsse, wobei man die wenigstens noch essen kann.
Bei unserer obligatorischen Ämterrunde erfuhren wir jedoch auf dem DDE, dass ein 4-spuriger Ausbau der zum Strand führenden Strasse geplant war, dem die eine Stellplatzreihe und somit die Hälfte des ohnehin schon kleinen Platzes zum Opfer fallen sollte. Auch hier beschwichtigten die Agentur und der Platzbesitzer: diese Planung bestehe schon lange; wann sie jemals und ob überhaupt realisiert würde, stehe noch in den Sternen...Wir suchten dann doch lieber weiter.
Was passieren kann, wenn die Finanzierung für den Kauf nicht gesichert ist, wurde uns vor Augen geführt, als wir einen anderen Platz im Hinterland der Atlantikküste besichtigten. Es war schnell klar, dass er für uns nicht in Frage kam aufgrund seiner sehr einsamen Lage - unsere Kinder sollten nicht so isoliert aufwachsen. Die Besitzer, ein junges Pärchen, hatten bereits sehr viel Arbeit und Geld investiert um beispielsweise ein Schwimmbad zu bauen. Der Kaufpreis für den Campingplatz sollte durch den Verkauf ihres Hauses aufgebracht werden, das sie gleichzeitig bei derselben Immobilienagentur angeboten hatten - seit nunmehr zwei Jahren ohne Erfolg. Inzwischen wuchsen ihnen die Schulden über den Kopf, und um dem völligen Ruin zu entgehen, sahen sie sich nun gezwungen, auch den Campingplatz wieder anzubieten. Es fiel ihnen sehr schwer, sich von ihrem Traum zu verabschieden, aber es ging nicht anders: welches der beiden Objekte auch immer zuerst einen Käufer fände, müsse eben verkauft werden. Ich hoffe sehr, dass es ihnen noch rechtzeitig gelungen ist.
Auf eine ganz neue Idee brachte uns das zweite Angebot von Monsieur B. aus Vias. Es war kein fertiger Campingplatz, sondern ein Grundstück mit erteilter Campingzulassung. Diese Zulassungen seien - laut Monsieur B. - schwer zu bekommen, da die Behörden bestrebt seien, die Anzahl der Campingplätze zu begrenzen, der Konkurrenzfähigkeit wegen. Aber der Bürgermeister des Ortes wolle unbedingt einen Campingplatz ansiedeln und es sei immer besonders wichtig, den Bürgermeister auf seiner Seite zu haben. Allerdings war der Preis für das einfache Stück Wiese so hoch, dass wir passen mussten, angesichts der noch zu tätigenden Investitionen und der zu überbrückenden Anlaufzeit, bis die Platzeinnahmen einmal für den Lebensunterhalt reichen würden.

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