Sonntag, 9. Mai 2010

Die Vorgeschichte Teil 2: Einige eher unangenehme Erlebnisse

Manche Erfahrungen gehören in die Kategorie: ’Durch Schaden wird man klug’. So wurden wir eines Tages von der Polizei angerufen, wir sollten eine Dame an der Kasse eines Supermarkts auslösen die angeblich in unserem Auftrag mit Falschgeld bezahlen wollte. Die Dame war Jeanne (Name geändert), die wir von den Vorbesitzern ‘übernommen’ hatten und die das ganze Jahr in einem Wohnwagen auf dem Platz lebte; sie half beim Putzen und in der Küche aus. Wir hatten sie mit einem 500 Franc-Schein (etwa 125 €) zum Einkaufen geschickt, den die Kassiererin bei der Überprüfung als Falschgeld identifizierte. Da ein so grosser Schein eher die Ausnahme in unserer Kasse war, konnten wir uns noch genau an den Kunden erinnern der damit bezahlt hatte und der Polizei sogar den Namen des jungen Mannes nennen. Das Falschgeld wurde eingezogen und man klärte uns genau über die Unterscheidungsmerkmale der echten und falschen Scheine auf. Die falschen 500er gäbe es auf dem Schwarzmarkt für 250 Francs und wenn man sie jemandem unterschieben könne - etwa so unerfahrenen Ausländern wie uns - habe man immer noch ein gutes Geschäft gemacht. Den erfolgreichen Betrüger haben wir Monate später wieder getroffen. Mit der Geschichte konfrontiert, fiel er aus allen Wolken - die Polizei hatte sich nie bei ihm gemeldet.
Eine andere Episode lehrte uns, dass man bei Langzeitgästen - insbesondere wenn sie in offensichtlichen Geldschwierigkeiten stecken - entweder auf Vorkasse besteht oder zumindest auf Zwischenabrechnungen, z.B. wochenweise. Wir erhielten einen Anruf von einem arbeitslosen jungen Pärchen mit Klappwohnwagen aber ohne Auto, das eine Bleibe suchte. Rüdiger holte den Anhänger auf den Platz und die beiden richteten für die nächsten Monate bei uns ein. Nach einiger Zeit erlag die junge Frau dem Charme (oder dem Geld?) eines älteren Nachbarn, der immer in unsere Bar zum Trinken kam und zog aus dem Wohnwagen ins Nachbarhaus. Als die beiden Kontrahenten am nächsten Tag in der Bar zusammentrafen, konnten mein Vater und mein Bruder sie gerade noch rechtzeitig festhalten, während sie - der eine mit einem Messer, der andere mit einem Gewehr bewaffnet - aufeinander losstürmten. Kurz darauf verschwand der junge Mann spurlos mitsamt Klapphänger ohne die Rechnung zu bezahlen.Auch seine Verflossene hielt es nicht lange bei ihrer neuen Liebe aus.
Der Nachbar hat seine Betörungskünste übrigens auch bei mir versucht, als schon mit Norbert verlobt war und kurz vor der Abreise nach Deutschland stand. Mit unbestechlicher Logik legte er mir dar, wieviel ich davon profitieren könne, wenn ich zunächst ihn heiraten würde. Da er eh schon alt sei und nicht mehr so lange zu leben habe, könne ich schon in absehbarer Zeit mit Norbert in das dann geerbte Haus ziehen....
Ein besonders heikles und schwieriges Thema ist der Umgang mit fahrenden Händlern und Zigeunern. Eigentlich können sie in allen grösseren Gemeinden auf extra dafür vorgesehenem Gelände kampieren; viele lehnen dies jedoch ab mit dem Argument, dadurch würden sie - Touristen gegenüber - als Menschen zweiter Klasse behandelt. Das ist natürlich verständlich und in gewisser Weise berechtigt, doch der Haken an der Sache ist: sie verhalten sich nicht wie Touristen. Kaum auf dem Gelände, werden die Wohnwagen in einer Art Wagenburg aufgestellt, in der Mitte die Waschmaschinen und Wäscheleinen. Bei diesem Anblick machen die meisten Touristen kehrt. Doch der Verdienstausfall und Imageverlust ist noch nicht das Schlimmste. Nur wer es selbst erlebt hat, wie bei Unstimmigkeiten die Gruppe unter wüsten Beschimpfungen abgezogen ist und mit der Drohung man käme bald mit Verstärkung zurück und würde uns nachts abstechen und alles kurz und klein schlagen - ich habe wochenlang unruhig geschlafen - ,der kann die Panik nachempfinden, die mich jedesmal beschlich, wenn ich eine lange Wohnwagenkolonne in der Zufahrt auftauchen sah. Viele Campingplatzbesitzer haben Schilder aufgestellt, dass sie keine Zigeuner und Händler akzeptieren. Das ist jedoch verboten, denn es stellt eine Diskriminierung dar und die Antidiskriminierungsbehörde wacht darüber. Als Alternative dazu sieht man häufig Verbotsschilder ‘aus technischen Gründen’ für Doppelachser-Wohnwagen, die von Händlern und Zigeunern wegen ihrer Grösse und Stabilität bevorzugt werden. Das trifft natürlich auch Touristen und wir erfahren immer wieder von Doppelachser fahrenden Gästen dass man ihnen fast überall mit Argwohn begegnet oder sie sogar zurückweist, besonders, wenn das Zugfahrzeug auch noch ein geschlossener Lieferwagen ist.
Als die erste Saison zu Ende ging, beschlossen Rüdiger und ich, dass während der ‘flauen Jahreszeit’ einer von uns genüge, um das Geschäft weiterzuführen, wir uns also jeder nach der anstrengenden Saison abwechselnd je 2 bis 3 Monate frei nehmen könnten. Da mir so langsam doch die Bücher und die Uniathmosphäre zu fehlen begannen, beschloss ich, meinen ‘Urlaub’ in Tübingen zu verbringen.

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