Donnerstag, 27. Mai 2010

Suche 2 - endlich gefunden

Die Idee, aus einem Stück Land - z.B. mit einem ehemaligen Bauernhof - einen Campingplatz selbst aufzubauen, gefiel uns immer besser, bestärkt durch die eher ernüchternden Erfahrungen auf unserer bisherigen Suche. Auf diese Weise bekämen wir für unser doch recht limitiertes Budget einen reellen Gegenwert an Land und Gebäuden, ohne für Geschäftsrechte und spekulativ zu erwartende Einnahmen mitbezahlen zu müssen. Auf der anderen Seite erfordert ein solches Projekt auch sehr viel mehr Arbeit und Investitionen; und wenn der Platz dann einmal fertig ist dauert es auch noch ein paar Jahre der Anlaufzeit, bis er bekannt genug ist und so viele Gäste kommen, dass die Einnahmen für den Lebensunterhalt reichen. Wir beschlossen, wenigstens einmal zu testen, ob es wirklich so schwer sein würde, eine Campinggenehmigung zu bekommen.
Die Auswahl an entsprechenden Grundstücken war viel grösser, ganze Kataloge mit Anzeigen gibt es in Tabakläden oder der Presseabteilung im Supermarkt. Wir suchten nach einem grossen Grundstück möglichst mit Haus und guter Verkehrsanbindung, nicht zu weit entfernt von den grossen Touristenrouten in einer ansprechenden, möglichst touristisch interessanten Gegend. Auch hier haben wir manchen Reinfall erlebt. Ein sehr vielversprechend klingendes Angebot: 12 Hektar Land mit einem 3-stöckigen Gebäude stellte sich beispielsweise als völlig überwucherte Wildnis heraus. Das Haus sah von aussen noch ganz passabel aus, aber als uns der Makler aufschloss, konnten wir durch die halb eingestürzten Zwischendecken und das Dach direkt in den Himmel sehen...
Schliesslich fanden wir dann doch noch unser Traumgrundstück, in der Nähe von Mont-de-Marsan, in einer schönen Gegend mit angenehm milden Klima. Es war eine gepflegte Anlage mit grossem Garten und noch grösserer Obstwiese. Das alte Haus mit 1/2 m dicken Mauern war in gutem Zustand und verfügte über 2 grosse Küchen, ideal für einen Restaurantbetrieb. Ausserdem gab es noch einen Pferdestall, einen Stall für die Mastenten und ein Schlachthaus. Die Besitzer, ein älteres Ehepaar, suchten nach einer Wohnung in der Stadt, da ihnen die Arbeit auf dem grossen Grundstück langsam zu schwer wurde. Auf unserer obligatorischen Ämterrunde erfuhren wir nichts Nachteiliges für unser Projekt, auf grosse Begeisterung stiessen wir jedoch auch nicht gerade, denn in der nächstgrösseren Stadt gab es bereits einen Campingplatz, der gerade dabei war, zu expandieren. Der Bürgermeister des kleinen Dörfchens dagegen schien von unserer Idee ganz angetan. Wir unterzeichneten einen Vorvertrag mit Zusatzklausel - d.h. unter der Voraussetzung, dass unser Antrag auf einen Camping 'à la ferme' (Bauerncamping) genehmigt würde. Für die Landvermessung mussten wir noch einen 'Geometer' bestellen und dann den Antrag einreichen. Ein mögliches Hindernis für unser Vorhaben könne der für einen grösseren Betrieb eventuell zu geringe Rohrquerschnitt der örtlichen Wasserversorgung sein, sagte man uns. Wo wir auch hinkamen, überall faszinierte besonders unser kleiner Sohn Heiko mit seinem niedlichen Gesicht und seinen grossen Augen, man sagte ihm eine grosse Karriere als 'Frauenschwarm' voraus. Mittlerweile ist er schon vierzehn, interessiert sich aber noch nicht besonders fürs andere Geschlecht - ich bin gespannt, was da noch auf uns zukommt.
Es folgten lange Wochen des Wartens in denen wir, inzwischen wieder in Deutschland, eifrig Pläne schmiedeten; mein Vater baute auf dem Reissbrett den ehemaligen Pferdestall in Gästezimmer um. Um so grösser war die Enttäuschung, als schliesslich die Absage kam. Der Wasserrohrquerschnitt hätte wohl ausgereicht, die Begründung lautete: die vielen Camper, die ständig von der nahegelegenen Hauptverkehrsstrasse abzweigen bzw. umgekehrt darauf einscheren würden, stellten ein zu grosses Hindernis für den optimalen Verkehrsfluss dar. Angesichts der Tatsache, dass der bereits bestehende Campingplatz von derselben Strasse mit Campern versorgt wurde und seine Expandierungspläne den Verkehrsfluss offensichtlich nicht beeinträchtigten, mussten wir doch zugeben, dass Monsieur B.s Behauptung zutreffend war, aus Konkurrenzfähigkeitsgründen würden die Campingzulassungen begrenzt. Wir hätten nun natürlich noch die Möglichkeit gehabt, nach einem Grundstück in einer Gegend zu suchen, in der es noch keinen Campingplatz gab. Aber würde es uns gelingen, genügend Camper in eine 'touristisch noch nicht erschlossene' Gegend zu locken? Wir beschlossen, stattdessen unsere ursprüngliche Suche wieder aufzunehmen - diesmal aber im Landesinneren, wo die Immobilienpreise viel niedriger lagen und damit die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein günstiges Angebot sich nicht als 'faules Ei' entpuppt.
Vorsicht ist aber auch hier geboten, z.B. wenn die Formulierung 'zu redynamisieren' verwendet wird. Einen so beschriebenen Platz haben wir auf Anhieb gar nicht gefunden; er war wohl schon seit einiger Zeit geschlossen und entsprechend verwildert. Um daraus einen funktionierenden Betrieb zu machen, wäre schon sehr viel Dynamik nötig gewesen.
Mit der Zeit hatten wir dann aber doch einige Angebote in der engeren Auswahl. Darunter war ein Campingplatz in einer kleinen Industriestadt etwa 200 km südlich von Paris. Durch die vielen Enttäuschungen hatten wir von unserer Wunschvorstellung ja schon einige Abstriche gemacht, aber die Gegend gefiel mir gar nicht. Alles schien irgendwie grau und düster. Beim Anblick einer Gruppe Fussball spielenender Jungen wirkte die Vorstellung, vielleicht schon bald unsere Kinder hier mit herumtoben zu sehen, eher bedrückend auf mich. Vielleicht drückte ja auch der enorme Schuldenberg mit auf meine Stimmung den wir uns bei einer Entscheidung für diesen Platz aufgeladen hätten. Die Bilanzen sahen sehr gut aus - und der Kaufpreis spiegelte das wider. Um diese Summe aufbringen zu können hätten wir zusätzlich zu dem von meinen Eltern vermittelten Kredit auch noch den Platz beleihen müssen. Wider Erwarten - und gegen meine stille Hoffnung - wurde dies von der örtlichen Bank bewilligt. Ansonsten sprach sehr vieles für den Platz. Der Besitzer, offensichtlich ein passionierter Bastler, hatte alle Stellplätze mit individuellen Strom- und Wasseranschlüssen ausgestattet; dadurch erhielt er die Einstufung in die Kategorie 'grand confort caravane'. Die Stromkabel liefen im Haus allerdings in einem grossen Kabelsalat völlig ohne jede Beschriftung zusammen, so dass ich zweifelte, ob wir uns je darin zurechtfinden würden. Der Sanitär war sehr verschachtelt, ein älterer Teil war umbaut und an einigen Stellen erweitert worden. Die usprünglichen Aussenmauern und Zwischenwände endeten in der Luft und waren mit Plastikblumen geschmückt.
Die wenigen anwesenden Gäste - es war immerhin schon Anfang Juli - sollten auf keinen Fall erfahren, dass der Platz verkauft wurde. Es waren in der Hauptsache Dauer- bzw. Wochenendcamper aus Paris. Da der Besitzer selbst auch aus Paris kam, drängte sich uns die Befürchtung auf, dass es sich hier in erster Linie um Bekannte und Verwandte handelte, die sich bei einem Besitzerwechsel wohl doch lieber nach einen näher gelegenen Platz umsehen würden.
Die Dame vom zuständigen DDE fragte uns ob wir den Sanitärumbau schön fänden. Sie wurde nicht konkret, aber zwischen den Zeilen konnten wir deutlich heraushören: die Umbauten entsprachen nicht den Normen, man drückte noch ein Auge zu, da der jetzige Besitzer schon älter und zudem krank war, ein neuer Eigentümer könne aber nicht auf dieselbe Milde hoffen...Ich habe den Platz neulich 'gegoogelt'; er hat inzwischen alle seine Sterne verloren und bemüht sich um eine 'Reklassifizierung'.
Dieses Angebot wurde wegen der guten Bilanzen von meinen Eltern eindeutig favorisiert, während wir eher zu einem Platz in der Nähe von Rocamadur - berühmt für seine Felsenkirche - tendierten. Zur Besichtigung fuhren wir, wie meistens, mit den Kindern und dem Wohnwagen; so konnten wir auf den langen Strecken immer wieder Zwischenstopps einlegen und hauptsächlich dann fahren, wenn die Kinder schliefen. Auf diese Weise gelangten wir erst so spät an unser Ziel, dass wir kaum noch auf einen offenen Campingplatz hoffen konnten. Also richteten wir uns auf einem Autobahnparkplatz für ein paar Stunden Schlaf ein. Ausser uns gab es hier nur noch einen Pkw, dessen Fahrer telefonierte. Als Norbert kurz darauf zum Auto ging, bemerkte er, dass plötzlich aus der Dunkelheit weitere Fahrzeuge auftauchten, die offensichtlich zu dem bereits hier geparkten Wagen gehörten. Mit einem ganz mulmigen Gefühl kurbelte er schnell die Stützen wieder hoch und wir fuhren los - die anderen Autos hinter uns her, über eine Stunde lang. Endlich gaben sie wohl ihre Hoffnung auf, wir könnten wieder anhalten und ihnen beim Übernachten ein leichtes Ziel abgeben und wir waren allein auf der Strasse. Vorsichtshalber fuhren wir noch ein Stückchen weiter, bevor wir, erschöpft und erleichtert, aber immer noch nicht ganz beruhigt unser 'Nachtlager' aufschlugen. Am nächsten Morgen sahen wir dann, dass wir auf eine ganz kleine Strasse geraten waren, überhängende Felsen ragten bis weit in die Fahrbahn. Die Strecke war für Wohnwagen gesperrt und bei Tageslicht wären wir auch ohne Verbotsschild wohl auch nie auf die Idee gekommen, hier entlang zu fahren...
Der zu besichtigende Campingplatz war nicht gerade ein Schnäppchen, was das Verhältnis der Einnahmen zum verlangten Preis betraf. Er war sehr klein, aber 'ausbaufähig', d.h. verfügte über ein angrenzendes Stück Land - allerdings noch ganz ohne Bepflanzung, Platzeinteilung und Sanitäranlagen. Die bestehenden Toiletten und Waschräume waren ins Wohnhaus integriert und lagen (was mich nicht so sehr begeisterte) direkt unter den Schlafzimmern. Man konnte sie daher nicht so einfach erweitern, ausserdem wäre der Weg für die Camper auf dem neuen Stück doch etwas weit. Ansonsten war der Platz schön, verfügte sogar über ein Schwimmbecken und eine Minigolfanlage.
Als wir noch unentschlossen und einigermassen desillusioniert abwogen, welcher Platz wohl das kleinere Übel darstellte, flatterte uns überraschend noch eine neue Angebotsliste mit Plätzen aus der Auvergne ins Haus. Das am Besten klingende Angebot allerdings war schon als 'verkauft' markiert. Unsere 'zweite Wahl' stand direkt darüber. Als ich jedoch in der Agentur anrief, hiess es: 'Nein, der Platz ist verkauft.''Was, der auch', rief ich enttäuscht. 'Wieso auch, das ist der einzige verkaufte Platz in der Liste...' Vielleicht zu unserem Glück war der falsche Platz markiert worden und daher hatte sich sonst niemand für dieses äusserst günstige Angebot interessiert. Mit der Adresse in der Tasche packten wir die Kinder ins Auto und fuhren noch am selben Abend los, diesmal ohne Wohnwagen. Mit dem Platzbesitzer hatten wir für den nächsten Tag einen Besichtigungstermin ausgemacht, aber bis dahin konnten wir unsere Neugierde nicht zurückhalten. Wir parkten das Auto mit den schlafenden Kindern am Eingang und begaben uns nacheinander vorsichtig auf eine nächtliche Erkundungstour - soweit wir uns hineintrauten, irgendwo bellte ein Hund.

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